Es war ein eher unspektakulärer Flachschuss, mit dem Gianni Rivera die deutsch-italienische Rivalität im Fußball begründete. Am 17. Juni 1970 erzielte der damalige Angreifer des AC Mailand in der Verlängerung des WM-Halbfinales das Tor zum 4:3-Sieg für Italien. Seither gilt Rivera als (natürlich parteiischer) Experte für deutsch-italienische Duelle. Rivera ist heute 72 Jahre alt und Funktionär beim italienischen Fußballverband. Zuvor war er als Christdemokrat EU-Parlamentarier, italienischer Abgeordneter und Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Ihr legendärer Treffer zum 4:3 im WM-Halbfinale 1970 gegen Deutschland liegt jetzt 46 Jahre zurück und ist doch immer wieder ein Thema. Warum? Richtig verstanden habe ich das nie. Fernsehen gab es damals erst seit kurzer Zeit. Es war Sommer, viele Leute, die gar nicht so viel übrig hatten für Fußball, sahen die Partie. Das war ein kollektives Erlebnis. Außerdem ist das Spiel ständig gekippt. Erst lagen wir vorne, dann hat Karl-Heinz Schnellinger in der 90. Minute ausgeglichen. In der Verlängerung ist Deutschland mit Gerd Müller in Führung gegangen, wir haben ausgeglichen, dann hat uns Gigi Riva in Führung gebracht. Wieder
der Ausgleich durch Müller. Und dann kam ich, 111. Minute. Stimmen Sie zu, dass Ihr Treffer der Beginn der deutsch-italienischen Rivalität im Fußball war? Das kann man so sagen. Es war schon verrückt. Ihr wart damals bekannt für Kraft, Körperlichkeit und Ausdauer. Wir galten in dieser Hinsicht als unterlegen. Dass wir uns in der Verlängerung durchsetzten, war also ein doppelter Erfolg. Das Spiel wurde zum „Spiel des Jahrhunderts“, weil es immer auf und ab ging, beide Mannschaften standen kurz vor dem Sieg, dann kam das andere Team wieder zurück. Danach waren alle irgendwie aufgewühlt, nicht nur Italiener und Deutsche. Welche besonderen Erinnerungen haben Sie an damals? Das war ein ganz besonderer, emotionaler Moment. Die Leute in Italien liefen auf die Plätze und hatten erstmals seit langer Zeit wieder Grund in aller Öffentlichkeit zu feiern. Der Krieg war noch nicht lange vorbei. Auch politisch war die Zeit in Italien…