Augsburger Allgemeine, 20.2.2017 - Der italienische Chirurg Sergio Canavero will noch 2017 die weltweit erste Kopftransplantation realisieren.

Ärzte können heute so gut wie jeden Körperteil verpflanzen. Seit Jahrzehnten sind Herz-, Nieren-, Lungen-, und Knochenmarktransplantationen möglich. Eines der letzten Tabus der Medizin ist die Kopftransplantation. Technisch scheinbar unmöglich und ethisch fragwürdig. Wer fühlt sich bei einem aus zwei Körpern zusammengesetzten Wesen nicht an den Frankenstein-Mythos erinnert? Es gibt jedoch einen Mann, der dieses futuristische Szenario Wirklichkeit werden lassen will. Der italienische Neurochirurg Sergio Canavero will noch in diesem Jahr unbedingt den Beweis führen, dass eine Kopftransplantation technisch möglich ist. Der 51-Jährige hat bis vor zwei Jahren als Neurochirurg im Universitätsklinikum von Turin gearbeitet. Inzwischen widmet er sich ausschließlich seinem aberwitzigen Plan. „Als die Brüder Wright das erste Flugzeug konstruierten, wurden sie auch als verrückt bezeichnet“, entgegnet Canavero seinen Kritikern. Medizinisches Himmelfahrtskommando Der medizinische Sinn seines Himmelfahrtskommandos leuchtet ein. Schwere Krankheiten, insbesondere Lähmungen, aber etwa auch Krebs oder Diabetes, könnten so besiegt werden. In Wirklichkeit ist die Kopftransplantation nämlich der Austausch eines kranken Körpers durch einen gesunden. Der funktionsfähige Kopf des Empfängers würde auf den gesunden Körper eines hirntoten Menschen gesetzt, des Spenders. Damit

hören die Gewissheiten aber auch schon auf. Es sei denn, man heißt Sergio Canavero. Zuletzt stellte der Arzt sein Projekt auf einem Kongress im November in Glasgow vor. Den „Rockstar der Neurochirurgie“, nennt ihn der italienische Wissenschaftsjournalist Edoardo Rosati, mit dem Canavero ein Buch über sein Projekt geschrieben hat. Canavero ist exzentrisch, bezeichnet sich selbst als Einzelgänger, betreibt japanischen Kampfsport, spricht angeblich acht Sprachen und soll eines seiner raren Interviews sogar auf Chinesisch gegeben haben. „Er ist ein hochgebildeter Nerd“, behauptet Rosati. Seit über 30 Jahren beschäftigt sich Canavero mit der Kopftransplantation, in renommierten Zeitschriften beschrieb der Italiener seinen verwegenen Plan. Danach würde in einem eigens einzurichtenden Operationszentrum mit bis zu 150, im Turnus arbeitenden Chirurgen, zunächst der zu versetzende Kopf auf bis zu zwölf Grad herunter gekühlt und dann vom gelähmten Körper abgeschnitten. Der entscheidende und medizinisch umstrittenste Schritt ist die notwendige Durchtrennung der…

Augsburger Allgemeine, 18.2.2017 - Matteo Renzi will erneut italienischer Ministerpräsident werden. Gegner aus seiner Partei kämpfen dagegen an.

Im italienischen Partito Democratico (PD) spielt sich ein Machtkampf ab. Man kennt solche Manöver aus der italienischen Politik zu Hauf. Aber diesmal ist es anders, ernster. Auf dem Spiel steht die Spaltung der größten italienischen Mitte-Links-Partei, die die tragende Säule der derzeit amtierenden Regierung von Ministerpräsident Paolo Gentiloni ist. Für Europa war der linksbürgerliche PD zudem so etwas wie die Garantie oder die Hoffnung, dass populistische, dezidiert anti-europäische Kräfte wie die 5-Sterne-Bewegung, die rechte Lega Nord oder Silvio Berlusconi es nicht (wieder) an die Macht schaffen würden. An diesem Sonntag tagt die Generalversammlung der Partei in Rom. Das Treffen hat High-Noon-Charakter, denn der Streit zwischen Parteichef Matteo Renzi und der linken Minderheit wird dann seinen Höhepunkt erreichen. Am Samstag bereits trifft sich das linke Lager in einem Theatersaal in Rom, um sich von Renzi abzusetzen und vielleicht sogar die Spaltung der Partei offiziell zu machen. Italienischen Medien zufolge ist der Bruch kaum noch zu verhindern. Ex-Parteichef Pierluigi Bersani behauptete, unter den Wählern des Mitte-Links-Lagers sei die Spaltung bereits eine Tatsache. Schwindende

Gewissheiten Der Kern der Auseinandersetzung ist Renzi höchstpersönlich. Der ehemalige Ministerpräsident galt in Berlin und Brüssel zwar als Nervensäge, aber letztendlich doch als verlässlicher Partner, als eine Art kleinstes Übel unter lauter schwindenden Gewissheiten. In seiner Partei ist der 42-Jährige aber seit seinem Aufstieg zum Vorsitzenden umstritten. Renzi war 2013 angetreten mit dem Versprechen, die alte Politikergarde zu „verschrotten“, das kam beim PD-Establishment nicht gut an. Seine Regierung startete im Februar 2014 zudem mit dem Geburtsfehler, dass er mit Enrico Letta einem Ministerpräsident aus der eigenen Partei in den Rücken fiel, um selbst die Macht zu übernehmen. Seine Respektlosigkeit gegenüber den Gewerkschaften besorgte den Rest. Im Grunde hat sich an der parteiinternen Kritik durch alte Sozialisten und frühere Kommunisten seither nichts geändert. Sie halten Renzi für einen selbstgerechten, im Grunde konservativen Rambo, dem vor allem am eigenen Aufstieg gelegen sei. Mit dem entscheidenden Unterschied: Renzi ist heute politisch angeschlagen.…

Christ&Welt/DIE ZEIT, 17.2.2017 - Die Trump-Regierung will die Welt wieder christlicher machen. Dafür sucht Chefberater Stephen Bannon den Schulterschluss mit konservativen Kräften im Vatikan. Die haben ihre eigene Agenda: Papst Franziskus schwächen und das Rad der Zeit zurückdrehen.

Stephen Bannon, Chefberater von US-Präsident Donald Trump, hat beste Verbindungen in den Vatikan.

Stephen Bannon, Chefberater von US-Präsident Donald Trump, hat beste Verbindungen in den Vatikan.

Am 27. Juni 2014 war Donald Trump noch ein halbseidener New Yorker Milliardär und Stephen Bannon trug noch keine Jacketts. Der Chef der ultrarechten amerikanischen Nachrichtenseite Breitbart News saß an diesem Tag vor seinem Computer in einem Hotel in Los Angeles. Bannon war per Skype mit dem Vatikan verbunden. Dort, in einem prächtigen Renaissance-Palazzo mitten in den Vatikanischen Gärten, im Sitz der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, warteten ein paar Dutzend Zuhörer. 50 Minuten lang skizzierte Bannon seine ganz persönliche Apokalypse in einem düsteren Videotelefonat. Am gleichen Tag beging Raymond Leo Kardinal Burke das sechste Jubiläum seiner Nominierung als Präfekt der Apostolischen Signatur, des höchsten Vatikangerichts. Burke spürte damals, im Frühsommer 2014, wie ihm langsam der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Papst Franziskus hatte den erzkonservativen Kardinal im Vorjahr bereits aus zwei Kongregationen abberufen, ein paar Monate später sollte er vom Papst auch als Chef des obersten Vatikangerichts abgesetzt und zum Malteserorden abgeschoben werden – als dessen Kardinalpatron. Burke war schon damals Franziskus’ schärfster innerkirchlicher Kritiker. Während Kardinal Burke sich in der katholischen Hierarchie auf

dem absteigenden Ast befand, legte Stephen Bannon einen kometenhaften Aufstieg in die Spitze der US-amerikanischen Politik hin. Der 63-Jährige ist heute Chefberater Donald Trumps und oberster Stratege im Weißen Haus. Das macht ihn zu einem der einflussreichsten Menschen auf der Welt. Speerspitze der konservativen Internationalen Der Berater des US-Präsidenten und der schärfste Kritiker des Papstes kennen und schätzen sich. Die beiden amerikanischen Katholiken bilden die ideologische Speerspitze einer rechtskonservativen Internationalen, die spätestens mit Trumps Wahlsieg salonfähig geworden ist. Die Rollen sind klar verteilt: Burke gibt den katholischen Ideologen, den Wächter über die Moral. Bannon ist der Strippenzieher im Weißen Haus, im Cockpit der größten Weltmacht. Es handelt sich bei diesem Schulterschluss nicht um eine krude Verschwörung, sondern um einen offenen Feldzug gegen Säkularisierung und Islam. Ganz nebenbei tragen die beiden Männer ihren Teil zur Entstehung einer internationalen rechtspopulistischen Bewegung bei. Der Kardinal und der Berater lernten sich…

Badische Zeitung, 15.2.2017 - Zwei italienische Polizisten erschossen am 23. Januar bei Mailand den Berlin-Attentäter Anis Amri. Offenbar sind Luca Scatà und Christian Movio Sympathisanten der neofaschistischen Szene.

Bis zum 23. Dezember waren Luca Scatà und Christian Movio zwei durchschnittliche italienische Streifenpolizisten. Als sie am frühen Morgen im Mailänder Vorort Sesto San Giovanni den damals meist gesuchten Verbrecher Europas bei einer Routinekontrolle stellten und erschossen, änderte sich ihr Leben schlagartig. Der 36-jährige Movio, der durch einen Schuss Amris an der Schulter verletzt wurde und der 29-jährige Scatà, der anschließend den tödlichen Schuss auf Anis Amri abgegeben hatte, wurden in der öffentlichen Wahrnehmung zu beispielhaften Staatsdienern, die voller Professionalität einen hochgefährlichen und bewaffneten Kriminellen ausgeschaltet hatten. Vor allem in Deutschland, aber auch in Italien atmeten viele Menschen auf. Eine der ersten Reaktionen stammte von der Berliner Polizei. Die Kollegen hatten hilflos miterleben müssen, wie der Tunesier einen Sattelzug in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin gesteuert hatte, zwölf Menschen tötete, Dutzende teilweise schwer verletzte und anschließend im Nichts verschwand. „Grazie“, schrieben die deutschen Beamten auf Twitter und wünschten dem verletzten italienischen Kollegen gute Besserung. Die italienische Presse überschlug sich in ihren Titeln. Auch die „Welt“ schrieb von „Europas

Helden“, der „Daily Telegraph“ rühmte „Italys heroes“, Italiens Helden. Die Rollen zwischen Gut und Böse waren klar verteilt. Keine Vorbilder Inzwischen hat sich herausgestellt, dass Scatà und Movio kaum als Vorbilder taugen. Beide waren zufällig an den in einer europaweit ausgeschriebenen Fahndung 24-jährigen Attentäter geraten, der bei der Personenkontrolle vor dem Bahnhof von Sesto San Giovanni seine Waffe zog. Wie die Bild-Zeitung berichtetem hatte die deutsche Bundesregierung offenbar erwogen, die beiden italienischen Polizisten auszuzeichnen. Als dann Details über ihr Privatleben zum Vorschein kamen, sah man von einer Ehrung lieber ab. Ihren inzwischen nicht mehr einsehbaren Facebook-Profilen zufolge sind Movio und Scatà erklärte Sympathisanten der neofaschistischen Szene. Der aus dem Friaul stammende Norditaliener Movio hatte in seinem Profil mehrere ausländerfeindliche Einträge gemacht. Im August 2014 postete er das Bild einer Coca-Cola-Flasche mit der Aufschrift „Adolf“ und darunter eine Fotomontage von Adolf Hitler mit dem Schriftzug „Thanks Bro“ (Danke Bruder). Der Sizilianer…