"Aber er segnet nicht die Sünde und er kann sie nicht segnen.“ So stand es am 22. Februar 2021 in einer Antwort der Glaubenskongregation auf die Frage geschrieben, ob die katholische Kirche Verbindungen von Menschen gleichen Geschlechts segnen könne. Er, damit war Gott höchstpersönlich gemeint. Wenn eine menschliche Verbindung nicht auf den Plan des Schöpfers „hingeordnet“ sei, nämlich auf die der Ehe vorbehaltene Praxis der Weitergabe des Lebens zwischen Mann und Frau, sei nichts zu machen. Es geht nun einmal nicht, so klang der Text. "Ein lauteres „Nein“ als jenes vom damaligen Präfekten Luis Ladaria war kaum vorstellbar. Papst Franziskus sei über das Schreiben informiert worden und habe seine Veröffentlichung gutgeheißen, war unten angemerkt. Das war es mit den Hoffnungen, die katholische Kirche könne unter Franziskus wirklich einen Schritt an die Ränder gehen und ihr Moralgerüst etwas weniger starr vor sich hertragen. Es war auch ein weiterer Rückschlag für den Synodalen Weg in Deutschland. Rom hat gesprochen, Ende der Angelegenheit. 34 Monate später ging es doch. Am 18. Dezember veröffentlichte die Glaubenskongregation die Erklärung
Fiducia Supplicans „über die pastorale Sinngebung von Segnungen“ und sagte plötzlich „Ja“. Paare in „irregulären Situationen“ und gleichgeschlechtliche Paare dürfen fortan gesegnet werden, und dass auch noch ohne „die beständige Lehre der Kirche über die Ehe in irgendeiner Weise zu verändern“. Es ist eine Kehrtwende um 180 Grad, die vor allem eine Frage aufwirft: Warum heißt derselbe Papst erst das Eine gut und dann das Gegenteil davon? Wenn man sich im Vatikan umhört, bekommt man unterschiedliche Antworten. Öffentlich Stellung beziehen möchte hier niemand. Ein dem Papst nahestehender Kurienerzbischof gibt pragmatische Gründe für den Schritt an: „Wir können nicht so viele Menschen ausschließen, von denen sich viele auch noch in der Kirche engagieren. Wenn ein Mörder um Vergebung bittet, bekommt er die Sakramente. Und Homosexuelle und wiederverheiratete Geschiedene lassen wir außen vor?“ Doch das erklärt noch nicht den spektakulären U-Turn, den Franziskus innerhalb von knapp drei Jahren…