Augsburger Allgemeine, 2.3.2015 50 000 Menschen pilgern jedes Jahr nach Sarsina in der italienischen Emilia-Romagna, um sich von einem Exorzisten behandeln zu lassen.

Weihwasser, Gebete, Kruzifix - alles, was ein Exorzist braucht (Foto: Max Intrisano)

Weihwasser, Gebete, Kruzifix - alles, was ein Exorzist braucht (Foto: Max Intrisano)

Es ist dunkel, nur im rechten Seitenschiff der Basilika flackern ein paar Kerzen. Im Halblicht wartet eine Handvoll Menschen vor der Sakristei. Einige haben Tragetaschen mit Wasserflaschen dabei. Dann dringen Geräusche aus dem Raum hinter der schweren Holztür. „Das Herz Gottes“, ruft der Exorzist mit bebender Stimme. „Die Hände Gottes, die Arme Gottes, das Fleisch Gottes.“ Plötzlich dringen Geräusche nach draußen, die die Wartenden bis ins Mark erschüttern. „No, noo, noooo, non é vero!“ Nein, das stimmt nicht, krächzt drinnen eine verzerrte Stimme. Es klingt so, als sei die kleine, grauhaarige Frau, die gerade noch in der Schlange wartete und nun hinter der Tür in der Sakristei ist, wirklich vom Leibhaftigen besessen. „Feigling, du hast dich versteckt, komm heraus!“, brüllt jetzt Padre Fiorenzo Castorri, der Exorzist. Er meint den Teufel. Don Castorri murmelt kaum verständlich Gebete, das Vater Unser, ein Ave Maria. „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Dann wieder Schreie: „No, noo, noooo!“ Würgegeräusche und lautes Husten dringen aus der Sakristei. Ist das der Moment, um

einzuschreiten? Auch die anderen Wartenden vor der Sakristei sind verstört. Eine jüngere Frau hat die Augen weit aufgerissen. „Ich habe Angst“, sagte sie zu ihrem Mann, „komm, wir gehen!“ Der Mann will bleiben. Beide sind extra aus Foggia in Süditalien hergekommen, um sich segnen zu lassen. Drinnen ist jetzt ein eisernes Klappern zu hören. „Das Halsband“, sagt die Frau. „O mio Dio!“ Oh mein Gott. Das Halsband. Don Castorri hatte es zuvor aus dem Tabernakel in der Kappelle des Heiligen Vicinius geholt. Nach ihm ist die romanische Basilika in Sarsina benannt. Vicinius soll sich zu Beginn des 4. Jahrhundert als Eremit auf einem Berg in der Nähe zurück gezogen haben. Mit dem eisernen, aus zwei Gliedern bestehenden Halsband tat er Buße. Seither verehren Katholiken die Reliquie und sprechen ihr Kräfte gegen das Böse zu. Dass Sarsina die Heimatstadt des römischen Komödiendichters Plautus ist und ein antikes Amphitheater zu bieten…