Giorgia Meloni sollte jetzt eigentlich schon da sein. Etwa 50 Menschen warten auf der Piazza Galvani in Bologna auf sie, vergeblich. Alles ist rot hier, die Fassaden, die Jalousien und die Herzen vieler Bologneser. Bologna, la rossa, die Rote, Hauptstadt der Resistenza gegen den Nazifaschismus, ist kein einfaches Pflaster für die extreme Rechte. Ein paar Funktionäre, alle freundlich, gut gelaunt, elegant in Anzug oder Hemd, informieren die Herumstehenden. „Giorgia kommt heute leider nicht“, sagt ein Parteigänger. Sie habe kurzfristig nach Rom ins Parlament gemusst. Kleine Notlüge, die die Geschichte einer verantwortungsvollen, starken Frau erzählen soll. Auch drei Damen sind auf die Piazza Galvani gekommen und tauschen sich aus. „Bologna muss sich verändern“, sagt die Eine. Da fährt ein strubbeliger junger Mann im Fahrrad vorbei und beschimpft die Sympathisanten Melonis als „Arschlöcher“. „Siehst du?“, meint die andere und schüttelt den Kopf. Die Dritte ist so begeistert von Meloni, dass für sie das Fehlen der Parteichefin der Brüder Italiens kaum ins Gewicht fällt. „Sie ist stark, eine Frau, absolut kohärent. Hoffentlich
bringt sie Italien wieder in Ordnung“, sagt sie. Um nichts Weniger geht es bei der Parlamentswahl am 25. September. Das Land in Ordnung bringen. Obwohl das vielen Beobachtern zufolge der amtierende Ministerpräsident Mario Draghi die vergangenen 17 Monate auf sinnvolle Weise versucht hatte. Doch die Wut im Volk ist groß angesichts der vielen Krisen und sie wird immer größer. Die Ambitionen vor allem der Rechten sind es ebenfalls. Die rechtsradikalen „Fratelli d'Italia“ (Brüder Italiens) stehen in den Umfragen prächtig da, laut Umfragen können sie mit rund 25 Prozent rechnen, Wahlsieger werden und mit ihren Bündnispartnern Lega und Silvio Berlusconis Forza Italia die Regierung bilden. Es wird eine Wahl der Wut sein und mit Wut kennt sich Giorgia Meloni aus. Die Flamme der Neofaschisten Am Vortag im Hafen von Genua. Etwa 300 Anhänger haben sich hier unter einem Zelt versammelt und schwingen Fahnen der Partei, die eine Flamme als Referenz an die 1946…