Badische Zeitung, 27.9.2016 Das italienische Amatrice stand für gute Landwirtschaftsprodukte, nach dem Erdbeben aber kämpfen die Bauern um ihre Existenz.

Es kommt vor, dass Bauern im Mist ihrer Tiere stehen. Aber Pietro D'Angelo steckt noch ein bisschen tiefer drin. Die Schäfte seiner grünen Gummistiefel ragen aus dem Gemisch aus Exkrementen, Stroh und Schlamm heraus. D'Angelo ist Herr über 800 Schafe, ein paar Dutzend von ihnen umringen ihn und blöken. D'Angelo trägt einen warmen, blauen Daunen-Anorak. Italien kann Ende September noch sehr einladend sein, aber hier im nördlichen Latium auf 1000 Metern Höhe ist es schon richtig kalt. D'Angelo ist 63 Jahre alt und war wahrscheinlich einmal ein schöner Mann. Jetzt sieht er mit seinem weißen Stoppelbart und den wirren Haaren aus wie einer, der die Orientierung verloren hat. „Es hat uns richtig massakriert“, sagt der Schäfer über das Erdbeben in Mittelitalien, das beinahe 300 Menschen das Leben kostete. D'Angelos Familie überlebte, aber sein Haus im Dorf Moletano bei Amatrice wurde bei dem Erdstoß Ende August schwer beschädigt. Der Schäfer und seine drei Schwestern schlafen seither in einem großen Zelt im Garten. Viel schlimmer für ihn ist aber, dass auch die

Schafe kein Dach mehr über dem Kopf haben. Ihr Stall ist teilweise zusammen gebrochen. Die Tiere stehen im Regen. Viele Menschen haben die Gegend inzwischen verlassen. Sie sind zu Verwandten gezogen, bekommen einen Hotelaufenthalt oder eine Mietwohnung bezahlt. Wer der Zerstörung nicht einfach den Rücken kehren kann, das sind die etwa 650 Landwirte um Amatrice mit ihren Familien und Tieren. Sie sind wie gefesselt an die Apokalypse aus zerstörten Häusern, Straßen und Ställen. Kein Gebäude in der Umgebung, das nicht von schweren Rissen gezeichnet ist. Als Pietro D'Angelo vor kurzem bei der Gemeindeverwaltung war, um zu fragen, wie er seine Schafe durch den Winter bringen soll, riet ihm eine Mitarbeiterin, er solle die Tiere doch jetzt verkaufen und im Frühjahr neue erwerben. Der Schäfer drehte sich wütend um und ging. „Wir können hier nicht weg“, sagt D'Angelo. Selbst wenn er wollte, würde jetzt niemand seine Schafe kaufen. Wie die Geier…

Main-Post, 27.9.29016 - Erstmals haben Geschäftsleute in dem sizilianischen Dorf ihre Erpressung durch die Cosa Nostra angezeigt

Corleone ist ein gebrandmarktes Dorf. Alle Welt kennt den Ort auf Sizilien von den Bildern aus dem romantisierenden Mafiafilm „Der Pate“ von Francis Ford Coppola. Dessen fiktiver Protagonist Don Vito Corleone ist gar nach dem Ort benannt. Aber auch in der Realität spielte die Cosa Nostra hier in den vergangenen Jahrzehnten eine tragende Rolle. Die Superbosse Salvatore Riina und Bernardo Provenzano wurden in Corleone geboren und bauten von dort aus ihre mörderische Herrschaft über ganz Sizilien auf. Der 85-jährige Riina steckt seit 1993 im Gefängnis, Provenzano starb vor gut zwei Monaten 83-jährig in Haft. Zwar ist die Zeit der einflussreichen Superbosse auf Sizilien vorbei, von den berüchtigten Verbrechern ist nur noch Matteo Messina Denaro auf der Flucht. Dennoch wurde erst im August die Gemeindeverwaltung von Corleone aufgelöst, wegen Unterwanderung durch die Mafia. Allerdings gibt es nun auch positive Nachrichten im Zusammenhang mit dem Nest in der Provinz Palermo. Erstmals haben acht Unternehmer aus Corleone, die Schutzgeld an die Mafiosi zahlten, diese Erpressung der Polizei angezeigt und so das „omertà“

genannte Schweigegelübde gebrochen. „Wenn Handwerker und Geschäftsleute in Dörfern wie Corleone Schutzgelderpressung anzeigen, ist das auch überall anders möglich“, sagt Daniele Marannano von der Antimafiaorganisation Addiopizzo. Die Anzeige hatte am Dienstagmorgen eine Festnahme-Welle zur Folge. Die Carabinieri von Palermo nahmen in Corleone zwölf Männer fest, die offenbar versucht hatten, die kriminelle Herrschaft über den Bezirk neu zu organisieren. Die Ermittler hatten die Mafiosi in einem Büro im Stadion von Corleone abgehört und dabei von der Erpressung mehrerer Unternehmer aus dem Immobiliensektor in Corleone und Umgebung mittels Zahlung des sogenannten pizzo erfahren. Zudem war die vor allem in Palermo erfolgreiche Anti-Schutzgeld-Organisation Addiopizzo in den vergangenen Monaten mit einigen Geschäftsleuten der Gegend in Verbindung getreten, die sich jüngst ebenfalls entschlossen, die Erpressung anzuzeigen. „Eine Anzeige in diesem Umfeld ist keine Selbstverständlichkeit“, sagt Marannano. In kleinen Dörfern wie Corleone, Palazzo Adriano oder Chiusa Sclafani sei beinahe jeder mit jedem bekannt. „Es kann also gut…

Badische Zeitung, 28.9.2016 - Beim Referendum am 4. Dezember steht die politische Zukunft von Italiens Premier Renzi auf dem Spiel

Im Theater Obihall von Florenz steht an diesem Mittwoch eine Tragödie auf dem Programm. Am Tag danach startet Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi von derselben Bühne aus eine Kampagne, die aus seiner Sicht keinesfalls in einem Drama enden darf. Es geht um die Volksabstimmung über eine Verfassungsreform, die die italienische Regierung für den 4. Dezember angesetzt hat. Renzi, seine Reformministerin Maria Elena Boschi sowie Tausende Freiwilligen-Komittees sollen die Italiener bis dahin von der Notwendigkeit dieser „Mutter aller Reformen“, wie das Projekt im Regierungslager genannt wird, überzeugen. Den Start seiner Kampagne im Florentiner Theater, das mehr von einem Zirkuszelt als von einer ehrwürdigen Bühne hat, ist nicht zufällig gewählt. Am selben Tag vor acht Jahren kündigte Renzi dort seine Kandidatur für die Wahl des Bürgermeisters in Florenz an. Der heute 41-Jährige setzte sich durch, sein Aufstieg über den Parteivorsitz der italienischen Sozialdemokraten bis ins Amt des Premiers begann. Der Toskaner will nun seine Erfolgsgeschichte am selben Ort weiter schreiben. Ob das gelingt, ist allerdings mehr als fraglich. Fast alle Umfragen sehen die

Gegner der Reform im Vorteil. Sämtliche Oppositionsparteien sowie der linke Flügel in Renzis Partito Democratico sind für ein klares „Nein“. Renzi bleiben 70 Tage, um das Blatt zu wenden. Erklärtes Ziel der Regierung ist es, Kosten einzusparen, den bislang komplizierten Gesetzgebungsprozess zu vereinfachen sowie mehr Stabilität zu garantieren. Zu diesem Zweck soll der italienische Senat, eine der beiden Parlamentskammern, in eine zweitrangige Versammlung umgewandelt und seine Mitglieder von bisher 315 auf 100 verringert werden. Vertrauensabstimmungen würden künftig nur noch im Abgeordnetenhaus abgehalten, die Gesetze müssten nicht mehr wie bisher mehrfach zwischen den beiden Kammern hin und herpendeln. Die chronische Instabilität italienischer Regierungen soll so überwunden werden. „Mit einem ,Nein' kommt Italien nicht auf die Füße“, sagte der Ministerpräsident. Wer Veränderung wolle, der solle bei der Kampagne helfen. Als Berater engagierte Renzi bereits vor Monaten den Kommunikationsexperten Jim Messina, dem unter anderem die Wiederwahl von US-Präsident Barack Obama im Jahr 2012…

Südkurier, 18.9.2016 - Don Gabriel Amorth, der weltweit berühmteste Exorzist, ist im Alter von 91 Jahren gestorben.

Er war der bekannteste Vertreter seiner Zunft und zweifellos ein Original. Pater Gabriel Amorth, ehemaliger Chef-Exorzist der Stadt Rom. Am vergangenen Freitag ist er im Alter von 91 Jahren gestorben. Wer ihn noch vor ein paar Jahren in seinem schlichten Zimmer in einem römischen Priesterwohnheim besuchte, der begegnete einem alten Mann, der durchaus kurzweilig von seiner Lebensaufgabe erzählten konnte. Allein Amorths Erscheinung machte bereits Eindruck. Nicht besonders groß, ein kahler, wuchtiger Kopf, eine Brille mit silbernem Rand. Aus seinem Mund sprudelten Erzählungen vom Teufel, die den Mann teilweise selbst zum Schmunzeln brachten. Seine Aufgabe und die täglichen Rendezvous mit den Dämonen nahm Amorth jedoch bis zum Schluss todernst. 1986 wurde der in Modena geborene Priester vom römischen Kardinalvikar zum offiziellen Exorzisten der Diözese Rom ernannt, gegen seinen Willen. Amorth, der nach dem Krieg im Widerstand gegen das faschistische Regime in Italien aktiv war, hatte zuvor noch nie einen Exorzismus betrieben, seinem Vorgesetzten zu Folge aber Talent. Wie er später erklärte, zählte dazu vor allem eine Eigenschaft. Man müsse

an den Teufel glauben, sonst sei es verständlicherweise schwer, ihm entgegen zu treten. Auch die Kirche, insbesondere ihre Spitze, sei nicht gefeit gegen die Angriffe des Bösen, sagte Amorth. Ein Kardinal habe ihm einst gestanden, dass er nicht an den Teufel glaube. Sein Fazit: „Will man den Glauben verlieren, dann genügt es in den Vatikan zu gehen!“ Amorth, der der italienischen Christdemokratie und deren Nestor Giulio Andreotti eng verbunden war, hat seine Exorzismen nie exakt gezählt. Manche behaupten er habe seit 1986 70 000 Exorzismen betrieben, andere sprechen von 160 000. Er selbst rückte diese Zahlen einmal zurecht, indem er erklärte, nicht bei alle Begegnungen habe es sich um regelrechte Exorzismen gehandelt. Die große Menge seien Befreiungsgebete gewesen, sogenannte große Exorzismen wegen akuter Besessenheit seien in seiner Karriere vielleicht hundertmal notwendig gewesen. In diesen Fällen, erzählte Amorth, sei es wild zugegangen. Die Besessenen hätten ihn bespuckt, getreten, bedroht. Nicht nur einmal habe…