Augsburger Allgemeine, 10.1.2017 - Papst Franziskus mag es lieber einfach. Seine Sommerresidenz in Castel Gandolfo ist deshalb als Museum zu besichtigen.

Das Arbeitszimmer wirkt so, als habe es der Papst gerade erst verlassen. Das „Lexikon für Theologie und Kirche“ steht noch parat. Ein scharf gespitzter Bleistift sowie ein Staedtler-Radiergummi warten auf dem Schreibtisch darauf, an den Entwürfen für eine Enzyklika fortzuschreiben. Der bronzene Mohr von Freising, ein Geschenk des gleichnamigen Landkreises, stützt ein paar Standardwerke. Im Zimmer des Privatsekretärs hält ein bayerisches Fähnchen die Stellung. Das Konterfei Benedikt XVI., das hier noch bis vor ein paar Wochen an der Wand prangte, wurde inzwischen abgenommen. Um Missverständnisse zu vermeiden. Kaum ein Papst fühlte sich in der Sommerresidenz von Castel Gandolfo so wohl wie der im Februar 2013 zurück getretene Benedikt XVI, der auch die zwei Monate nach seinem Rücktritt hier zubrachte. Seit bald vier Jahren amtiert Ratzingers Nachfolger Franziskus, der mit vielen Traditionen gebrochen hat. Eine davon ist, dass er vom Päpstlichen Palazzo in Castel Gandolfo ebenso wenig hält wie vom Apostolischen Palast in Rom. Franziskus wohnt im vatikanischen Gästehaus Santa Marta, in die 20 Kilometer von Rom entfernte Sommerfrische kommt er auch nicht mehr. Papst macht keine

Ferien Dieser Papst macht keine Ferien, Jorge Bergoglio hat nach eigenem Bekunden auch kein Bedürfnis nach Erholung oder einem gelegentlichen Tapetenwechsel. Seit zwei Monaten ist der Papst-Sitz in den Albaner Bergen deshalb als Museum zugänglich. Die Geste scheint Bergoglios fast schon sprichwörtlicher Volksnähe geschuldet. Eine nachhaltige Allergie gegen alles Höfische dürfte der tatsächliche Auslöser für die Öffnung gewesen sein. Der Palast von Castel Gandolfo ist ein Hof im Kleinformat. Im Inneren bekommen Besucher die ausrangierten päpstlichen Luxuskarossen deutschen Fabrikats zu sehen. Franziskus lässt sich bekanntlich im Kleinwagen chauffieren. Die Ausstellung im Erdgeschoss ist eine Reminiszenz an Zeiten, denen nicht wenige Geistliche im Vatikan gerade sehr hinterhertrauern. Traditionalisten dürfte angesichts der goldbestickten Pantoffeln früherer Päpste, der Uniformen des päpstlichen Hofstaates, tragbarer Throne und befederter Fächer warm ums Herz werden. Derzeit haben sie es mit einem für zeitlose Äußerlichkeiten eher unsensiblen Pontifex in klobigen Orthopädie-Stiefeln zu…